von Lisa Mathofer

„Da steckt Liebe dahinter“: Damla Güngör macht ihren Freiwilligendienst im Altenheim

Seit einem Jahr arbeitet Damla Güngor im Haus Marienfried in Gelsenkirchen. Der Bundesfreiwilligendienst hat die 23-Jährige gestärkt - in ihrer Studien- und Berufswahl, aber auch menschlich. Das Besondere: Für die bessere Kommunikation im oft stressigen Alltag engagiert sie sich in einem besonderen Projekt - der „Jam-Session“.

„Ganz schön heiß, heute, oder?“ fragt Damla Güngör die älteren Frauen am großen Holztisch. Auf Station 3 im Altenheim Haus Marienfried sitzen sie zusammen, unterhalten sich mit Damla. Seit rund einem Jahr macht die 23-Jährige dort ihren Bundesfreiwilligendienst. Eine Aufgabe, für die sie sich nach dem Fachabitur entschieden hat, der sie von Anfang an mit Respekt, aber auch Skepsis entgegengetreten ist: „Ich habe schon in einigen anderen Altenheimen Praktika gemacht, habe erlebt, wie stressig es sein kann, vor allem wenn man unterbesetzt ist.“ Jetzt sagt sie: „Das hat sich geändert, hier merkt man – da steckt Liebe dahinter.“

Täglich kommt sie um acht Uhr in das Gelsenkirchener Pflegeheim, macht Botengänge, verteilt Wasser und Essen auf den Stationen, begleitet die Bewohner zum Arzt oder Einkaufen. Mit den älteren Menschen unternehmen darf sie alles, was rund um das Heim möglich ist, das Tagesprogramm ist flexibel. „Das ist wirklich schön, wir sind da total frei“, sagt sie. Oft kommt sie dabei mit den Bewohnern ins Gespräch; eine Erfahrung, die sie selbst sehr geprägt hat: „Gerade in diesem Beruf lernt man von den älteren Menschen, die ja fast alle eine Kriegsgeneration sind, das eigene Leben zu schätzen. Wir leben heute ein völlig anderes Leben, haben es viel leichter.“

Kommunikation zwischen den Generationen verbessern

Es sind Lebensgeschichten, die mehrere Generationen überspringen – ein Unterschied, der aber auch mal zu Missverständnissen führen kann. Um diese Kommunikation zu den Bewohnern, aber vor allem zwischen den Freiwilligen, Auszubildenden, Praktikanten und Stationsleitern und Pflegern zu verbessern, gibt es im Haus Marienfried seit einem halben Jahr die „Jam-Session“, eine Abkürzung für „Junge Arbeitswelt Marienfried“. Damla kann als Sprecherin eine solche Sitzung einberufen, wenn Mitarbeiter auf sie zukommen und sich über Probleme oder Verbesserungen im Heim austauschen wollen.

„Das Ziel dieser Sitzung ist, gegenseitigen Respekt zu schaffen, voneinander zu lernen“, erklärt Heimleiter Markus Becker das Konzept. „Viele Praktikanten oder Freiwillige trauen sich eher Probleme bei Gleichaltrigen anzusprechen“, ergänzt Damla. Wird eine Jam-Session einberufen, gibt es feste Regeln: Im Stehen kommen alle Beteiligten zusammen, nicht länger als fünf Minuten, jede Meinung wird akzeptiert. Jede Diskussion ist ergebnisoffen, auch traditionelle Abläufe können geändert werden, wenn sie nicht mehr zeitgemäß sind, etwa die Arbeitszeitenmodelle. Markus Becker ist überzeugt: „Die Jam-Session hat hier im Haus schon etwas bewirkt und soll auch weitergeführt werden, wenn Damla aufhört. Mein Ziel ist, dass junge Menschen die Angst vor diesem Beruf verlieren und ihn mit dem vollen Respekt ausüben.“ Denn er weiß: Auch wenn der Fachkräftemangel im Haus Marienfried noch nicht zu spüren ist – er wird kommen.

„Es liegt an uns, wie sich gute Pflege entwickelt“

Und auch Damla weiß: „Wir sind die Zukunft. Es liegt an uns, wie sich gute Pflege entwickelt. Pflege, die ich ja auch selbst mal brauchen werde.“ Die junge Gelsenkirchenerin weiß, was sie will, selbstbewusst erzählt sie von ihren Zukunftsplänen. Zurzeit wartet sie auf einen Studienplatz für Soziale Arbeit in Bochum, hält sich dann mehrere Optionen in der Familienarbeit oder in der Lehre im Berufskolleg offen. Der Bundesfreiwilligendienst im Altenheim sei eine Arbeit, die einen selbstsicher mache, einen oft Geduld lehrt. Damla betont aber auch die körperliche und emotionale Belastung. Sicher ist für sie: „Ich weiß jetzt genau, dass ich hierhin gehöre, in den sozialen Bereich.“ Besonderes Engagement, dass sich für Damla vor allem dann bezahlt macht, wenn von den Bewohnern ein großes Lächeln zurückkommt, ein leises „Danke“ – und die Grenzen zwischen den Generationen für einen Moment bedeutungslos sind.

Pressestelle Bistum Essen

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